Ein Museum. Echt jetzt? Baustelle für das Wissen der Zukunft

© trafo.K
Projektteam: Renate Höllwart, Simon Nagy, Elke Smodics
Büro trafo.K
Weitere Teammitglieder:Eva Dertschei & Carlos Toledo (Studio TiD), Yasmina Haddad & Andrea Lumplecker (Kunstraum SCHOOL), Marty Huber, Claudia Hummel, Carla Bobadilla, Barbara Meyer, Lia Sudermann
Kooperationspartner*innen/Teilnehmende Jugendliche:Jugend am Werk – Technologiezentrum Floridsdorf
WUK m.power
WUK work.space
Queer Base
Mit Unterstützung von:Kulturhaus Brotfabrik

Projektidee

Wieso gibt es in Wien eigentlich kein Jugendmuseum? Es gibt Kunstmuseen, Bezirksmuseen, ein Kindermuseum – aber kein Jugendmuseum. Wir schlagen daher vor, den Grundstein für ein solches Museum zu legen. Zunächst einmal wollen wir gemeinsam verstehen und erträumen, was ein Jugendmuseum sein könnte. Ausgehend von dem Wissen der Jugendlichen fragen wir, was wir wissen wollen, wie wir es erzählen wollen und was im Hinblick auf eine andere mögliche Zukunft nicht vergessen werden soll.

In mehreren Modulen entwerfen wir mit Jugendlichen, Institutionen und Künstler*innen Bildstrategien, Formate, Sammlungsansätze und ein Modell. Das Projekt endet mit einer öffentlichen Kampagne für ein Jugendmuseum der Zukunft.

Projektverlauf

Aufgrund der Lockdowns und Kontaktbeschränkungen im Rahmen der Pandemie mussten wir unsere ursprünglich konzipierten Zeitpläne immer wieder aufgeben, adaptieren und neu planen. Auch die Form des Projekts musste angepasst werden: Wir haben sowohl digitale Workshop-Formate entwickelt als auch Hybrid-Workshops. Abseits der COVID-bedingten Abänderungen transformierte sich das Projekt allerdings vor allem aufgrund der aktiven Teilnahme der Jugendlichen und aufgrund der Wünsche, Vorschläge und Forderungen, die sie an die gemeinsame Arbeit stellten. Die Schwerpunkte der jeweiligen Workshopreihen wurden, abhängig von der jeweiligen Gruppendynamik und den in ihr aktuell vorherrschenden Themen, adaptiert. Nicht zuletzt kreisten diese Themen aufgrund der außergewöhnlichen gesellschaftlichen Situation vor allem um Gemeinschaft, Austausch, Begegnung und die Reflexion über die Konstruktion von „Jugend“. Das abschließende Präsentationsformat wandelte sich vom ursprünglich projektierten tragbaren Toolkit zu einer Ausstellung (Kulturhaus Brotfabrik, 27.10. - 29.10.2021) und einer Konferenz (29.10.2021) sowie einer Website. Die Jugendlichen gestalteten analog ebenso wie digital Ausstellungsstücke in Form von Posters, Installationen, Animationen, Videos, Collagen und Zeichnungen.

Es ist uns ein Anliegen festzuhalten, dass sich alle Beteiligten – die mit uns arbeitenden Künstler*innen, unsere Kooperationspartner*innen und Kontaktpersonen in den Institutionen sowie die Jugendlichen selbst – höchst flexibel auf den dynamischen Prozess der Neugestaltung eingelassen haben.

Feedback der Teilnehmer_innen

In allen Workshopreihen, so unterschiedlich sie verliefen, wurde uns vonseiten der Jugendlichen gespiegelt, dass sie es sehr geschätzt haben, gemeinsam und vor allem im selben Raum an einem Projekt zu arbeiten, es inhaltlich und formal stark selbst zu gestalten und dabei von uns unterstützt zu werden.

Nach dem Workshop mit WUK m.power wurde uns das Feedback zugetragen, es habe sich bei den gemeinsam verbrachten Tagen um das „Highlight des Jahres“ der Teilnehmer*innen des Kurses gehandelt. Die Tischler*innen von Jugend am Werk schließlich haben uns spüren lassen, dass sie es genossen haben, ihre im Betrieb erlernte Arbeit auch künstlerisch weiterzudenken und ihre Expertise auf eine Weise einzusetzen, die nicht an den Lernzielen der Institution orientiert ist. Sie haben mehrmals den Wunsch geäußert, die Workshopreihe zu verlängern und noch öfter als ursprünglich geplant Museen zu besuchen und Ausstellungen zu diskutieren – ein Wunsch, dem wir selbstverständlich mit Freude nachgekommen sind und durch den wir auch nach Ende des Projektzeitraums noch mit den Jugendlichen in Kontakt sind.

Fazit

Uns ist im Laufe des Projekts mehr als deutlich geworden, dass von Seiten der Jugendlichen ein großes Interesse daran besteht, am Kulturleben teilzunehmen – vorausgesetzt, sie werden mit ihrer Expertise ernstgenommen und respektiert. Wir haben dementsprechend keinerlei Notwendigkeit gesehen, sie für Kunst und Kultur zu „begeistern“, sondern vielmehr dringenden Bedarf daran ausgemacht, ihren jeweiligen Kulturtechniken und ihrem Wissen Platz zu geben.

Die Fragen, die uns und die Teilnehmer*innen bewegt haben – Was bedeutet „Jugend“ überhaupt? Welche Repräsentation von „Jugend“ würde ein Jugendmuseum bedeuten? Welche Geschichten sind uns wichtig, mit welchen Strategien wollen wir sie sichtbar machen? – haben wir auf egalitärer Ebene gemeinsam erarbeitet, erprobt und ausverhandelt.

Es ist unmissverständlich klar geworden, dass der Bedarf an einem Jugendmuseum in Wien groß ist. Die Vorstellungen, die mit der Idee eines solchen Museums einhergingen, hatten viel mit bestehenden Frustrationen über Umgangsweisen im Sozialen zu tun, ebenso wie mit Entwürfen, diese Unzufriedenheiten zu überwinden und neue Formen von Gemeinschaft herzustellen.

Obwohl es uns sehr wichtig war, die Vorstellung eines Museums nicht auf einen fixen Raum zu reduzieren, ist die Forderung nach einem selbstbestimmten und selbstorganisierten Raum von Jugendlichen und für Jugendliche von jeder Gruppe mit Nachdruck vorgebracht worden. Mit ihr ging der Wunsch nach Sichtbarkeit für eigene Anliegen und für Geschichten einher, die sonst nicht erzählt werden, gemeinsam mit der Forderung nach Beständigkeit und Dauerhaftigkeit einer eigenen Institution. Es ist uns ein großes Anliegen, das Ziel eines Jugendmuseums in Wien weiter zu verfolgen. Die Kampagne, mit der das gegenwärtige Projekt abschloss – materialisiert auf der Website jugendmuseumjetzt.at – stellt den ersten Schritt in diese Richtung dar.
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